Im Dunkeln sitzen

Brasilien 🇧🇷 / Österreich 🇦🇹; Es ist viele Jahre her, als ich das letzte Mal in Österreich im Dunkeln gesessen bin. Ich erinnere mich vage, aber glaube, dass ich noch ein Kind war. In Brasilien ist das gang und gäbe.

Wenn es viel regnet oder sehr windig ist, gibt es in São Paulo nämlich schnell mal einen Stromausfall. Grund dafür sind die chaotischen Stromleitungen, die oberirdisch in der ganzen Stadt verlegt sind und durch herumfliegende Äste, sonstige Teile, etc. schnell mal abreißen.

Das Bild zeigt vergleichsweise recht ordentliche Stromleitungen.

Ist das der Fall, sitzt eine ganze Straße oder ein ganzer Stadtteil im Dunkeln, wie nachstehende Beispiele zeigen:

Dann kann es Stunden oder Tage dauern bis das repariert ist.

Beim letzten Stromausfall ist in unserer Straße eine Leitung durchgebrannt und hat ein Auto beschädigt.

Wir haben dann, wie viele andere Menschen aus den herumliegenden Häusern, ein mehrstündiges Candle-Light-Dinner genossen. Licht gab es nur in größeren Gebäuden mit Notstromgeneratoren. Oder durch Autoscheinwerfer.

Mehrstündiges Candle-Light Dinner.

Viele nutzten die Gelegenheit, sich den Sternenhimmel anzuschauen. Oder zum Plausch, denn auch das Telefonnetz war betroffen.

Im Jahr 2009 hat ein Stromausfall sogar fast ganz Brasilien lahmgelegt. Damals saßen etwa 40 Millionen Menschen im Dunkeln, als kurz nach 21 Uhr Ortszeit der Strom in mindestens neun Bundesstaaten ausfiel. Betroffen waren mehr als 800 Städte vor allem im Süden, der Mitte und im Nordwesten des Landes, darunter auch São Paulo, Rio de Janeiro, Belo Horizonte und die Hauptstadt Brasília. In Rio de Janeiro gingen nach einigen Stunden wieder erste Lichter an. Anderenorts dagegen dauerte der Blackout weiter an. Ursache war nach Angaben der Behörden damals eine Störung im Überleitungssystem, die das Wasserkraftwerk Itaipu an der Grenze zu Paraguay stilllegte. Itaipu ist nach dem Drei-Schluchten-Staudamm in China das zweitgrößte Wasserkraftwerk der Welt und deckt 20 Prozent des brasilianischen Strombedarfs.

Apropos: Familienmitglieder meines Lebensgefährten sind nach Deutschland ausgewandert. Einer der zwei Buben hat in der Schule die Aufgabe bekommen, zu schildern, wovor er sich am meisten fürchtet. Er hat die Stromausfälle genannt und ist damit auf völliges Unverständnis bei seinen Mitschülerinnen und Mitschülern gestoßen. Vor einiger Zeit noch hätte ich mich über diese Antwort vermutlich auch gewundert, aber so viele Stromausfälle, wie es hier gibt, erleben manche bei uns in ihrem ganzen Leben nicht – vor allem nicht für so viele Stunden oder Tage.

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