Riechender Plastiktraum

Brasilien 🇧🇷; Wenn in Brasilien von „Melissa“ die Rede ist, geht es um frech-fröhliche Schuhe, die für die brasilianische Lebens­freude und unbeschwerte Strandkultur sprechen. “Melissa” ist ein brasilianisches Schuhlabel, das 1978/79 aus der Taufe gehoben wurde und die Modewelt durch ihre originellen und exzentrischen Kreationen erobert.

Vom Zehengreifer, Halbschuh, klassischen Loafer (auch als Slipper oder Mokassin bekannt) über Ballerinas und Sneaker bis hin zu Wedges ( = bequeme High Heels), Stilettos und sogar Kinderschuhen, reicht das Repertoire. Dabei gilt neben Farben- und Formenvielfalt vor allem eines: Aus Plastik müssen sie sein.

Wobei man mit dem Begriff „Plastik“ dem ForscherInnenteam etwas Unrecht tut, denn alle Melissa-Schuhe werden aus dem patentierten Material “Melflex” gefertigt. Dabei handelt es sich um einen besonders angenehmen, hochflexiblen und haltbaren thermoplastischen Kunststoff mit hypoallergenen Eigenschaften. Getestete Melissa-Exemplare haben außerdem die Kriterien des Ökotests „Hautnah“ bestanden und sind damit frei von Schadstoffen und chemisch bedenklichen Rückständen.

Und nach einem frischen Blumenstrauß müssen sie riechen

Seit Jahren wird der Plastikmasse nämlich eine besondere Tutti-Frutti-Rezep­tur beigemengt, die als typischer „cheirinho“ (dt.: Düftchen) von StammkundInnen mit dem Schuhwerk assoziiert wird. 

Charakteristisch für die “Melissas” ist zudem, dass sie ohne Nähte sind. Jeder Schuh wird aus einem Guss hergestellt oder geformt.

Wir kreieren keine Schuhe, sondern Modeaccessoires.

Melissa

Darüber hinaus werden Verfahren der Oberflächenbehandlung entwickelt, was ebenso bereits die Herstellung von Modellen mit Samt-Haptik erlaub­te.

Trotz Kunststoff, zeigt sich Melissa auch seiner sozialen Verantwortung: Jeder Schuh wird nachhaltig aus recycelten Materialien (Abfall und Wasser) hergestellt und die MitarbeiterInnen des Unternehmens werden überdurchschnittlich bezahlt. Zudem fließen Teil des Verkaufserlöses in Umwelt- und Sozialprojekte, wie zB in “World Vision from Recife”, eine Hilfsorganisation, die Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Nothilfe und Anwaltschaftsarbeit leistet.

Aufsehen erregt Melissa auch immer wieder durch Kooperationen mit internationalen Stars, Kreativen, ArchitektInnen und DesignerInnen. So ließ sich Beth Ditto, die ehemalige Sängerin und Frontfrau der Band Gossip, anlässlich des 30-jährigen Firmenjubiläums 2009 gar zu einer handschriftlichen Widmung auf einem ihrer Plattencover hinreißen und formulierte vollmundig:

„Melissa changed my life!“

Beth Ditto

Aber auch die Doyenne der biomorphen Architektur, Zaha Hadid, gestaltete bereits ein Schuhmodell und Jean-Paul Gaultier (einer der ersten), Patrick Cox, Karl Lagerfeld, Thierry Mugler, Jason Wu, Gaetano Presce, Alexandre Herchicovitch und Vivienne Westwood legten neben vielen anderen einen Schuh oder ganze Kollektionen vor. Die Schuhe von Vivien Westwood wurden sogar in zahlreichen Museen ausgestellt.

Ich hatte auf diese Art und Weise bisher noch nie mit Kunststoff gearbeitet. Es sind nicht die klassischen und traditionellen Techniken, wie ich sie bei der Arbeit für Fendi, Chanel und den Lagerfeld-Schuhen anwende”.

Karl Lagerfeld

An den Füßen gesichtet wurden die Schuhe bereits an Pamela Anderson, Dita von Teese oder Agyness Deys. Aber nicht nur Stars bekennen sich öffentlich als Fans der Plastiktreter, sondern auch bekannte Unternehmen. Swarovski kooperierte bereits mit Melissa. 2009 designte Melissa im Rahmen ihrer Designoffensive “Design trifft Nachhaltigkeit” einen Schuh exklusiv für die Kollektion des Pariser Edelkaufhaus “Collette” und “smart”.

In der Heimat São Paulo, in London und in New York ist Melissa mit eigenen Flagshipstores vertreten. Dabei sind sie Kunstbühne und Geschäft in einem. Passend zur avantgardistischen Zielgruppe, wie das nachstehende Fan-Video zeigt:

Der New Yorker Store wurde vom brasilianischen Designer und Multimedia Künstler Muti Randolph gestaltet. Dieser hat u.a. den berühmten Nike Cube für Olympia 2016 in Rio entwickelt.

Dabei sticht vor allem die Kombination von LED und Spiegeln heraus, die einen begehbaren Tunnel ermöglichen.

Selbst wenn sich die brasilianische Schuhmarke, die zum weltweit größten Schuhproduzenten “Grendene” gehört, bei aus Kunststoff bestehenden Produkten mit einem Ökoimage im herkömmlichen Sinn etwas schwertut, pocht Melissa wenigstens auf den Aspekt der Wiederverwertbarkeit des Materials.

Schon gewusst?

Brasilien ist der größte Schuh-Hersteller im latainamerikanischen Raum und drittgrößter Produzent von Schuhen weltweit. Hochentwickelte Technologie und natürliche Leder-Ressourcen garantieren die Unabhängigkeit der brasilianischen Schuhindustrie. Die wichtigsten Exportgebiete für die brasilianischen Schuh-ProduzentInnen sind die USA und Europa.

Einige weitere Namen sollte man sich merken: Bottero, Natruezza, Via Uno, Miezko, Ramarim, Anatomic Gel, Beiro Rio, Bibi, Democrata, Ipanema, Klin, Nicolla Mezzi, Ortopé, Pampili, Pé com Pé, Pegada, Besoft, Sapatoterapia, Carrano, Cecconello, Dilliy, Divietto, Kolosh, Malu, Nicolla Mezzi, Piccadilly, TIMLS, Werner, Wolpco, …

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