Juli & Mo

Dingelingeling! Es gibt eine neue Serie auf meinem Blog: Liebe ohne Grenzen – Ein Paar, zwei Kulturen. Hintergrund ist schlicht und einfach der, dass auf die Herausforderungen, vor denen interkulturelle Paare stehen, die Wenigsten vorbereitet werden. Es gibt kaum Vorbilder für diese Lebensform, die immer mehr Paare wählen. Deshalb hole ich in dieser Porträtreihe Paare, die weder Herkunft, Hautfarbe oder Religion eint, vor den Vorhang. Ihre Geschichten geben Einblick in die Herausforderungen, die sie meistern müssen und verraten, wie sie es schaffen, ihren gemeinsamen Weg zu gehen. Damit will ich die Schattenseiten, aber auch die schönen Dinge, vor denen bikulturelle, bikontinentale oder binationale Paare stehen, in der öffentlichen Wahrnehmung stärken. Ich hoffe, ihr findet die Portraits genauso spannend, wie ich.


Stellt euch doch kurz meinen LeserInnen vor.

Juli aus Kolumbien und Mo aus Deutschland. Wir sind Love Coaches und seit über sechs Jahren zusammen. Geheiratet haben wir vor fast zwei Jahren in Kolumbien.

Was hat euch am Anfang eurer Beziehung am anderen fasziniert und angezogen?

Juli: Mo’s Geduld und ruhige Art.

Mo: Julis Leidenschaft, das sogenannte “Latin-Fire”, und ihre Sprache, weil sie auch so viel Leidenschaft ausstrahlt.

Wie hat sich diese Anziehung über die gemeinsame Zeit hinweg verändert?

Mo: Ich habe inzwischen Spanisch gelernt und verstehe nahezu alles, was Juli sagt. Nach wie vor finde ich ihre Leidenschaft, also das “Latin-Fire” am faszinierendsten. Es wird nie langweilig mit ihr.

Juli: Es hat sich nichts geändert.

Was habt ihr voreinander angenommen?

Kulturell sind wir uns näher gekommen, da die Kulturen aufeinander abgefärbt haben.

Juli: Mo ist ein bisschen kolumbianischer geworden, während ich die ein oder andere deutsche Eigenheit angenommen habe. Außerdem erfüllt mir Mo jeden kleinsten Wunsch und ist mir damit sehr ähnlich geworden. Ich umarme sehr viel und respektiere Mo’s ruhige Art.

Wie geht ihr mit Traditionen des anderen um?

Mo: Ich bin Norddeutsch, also kann man sagen ein “Kulturbanause”, da es in Norddeutschland nahe zu keine überlebenden Traditionen mehr gibt, bis auf die ohnehin international bekannten kommerzialisierten Traditionen, die Juli auch kennt. Juli hat sehr viel super schöne kolumbianische Traditionen, die wir beide immer umsetzen und feiern. Auch binden wir immer alle unsere Freunde und Bekannten ein, um sie am kolumbianischen Leben teilhaben zu lassen.

Welche Eigenschaften habt ihr, die typisch für die andere Kultur sind?

Mo: Juli ist sehr perfektionistisch veranlagt. Das war sie allerdings schon bevor wir uns kennengelernt haben.

Juli: Mo beweist mehr Rhythmusgefühl, als es für einen Deutschen gut ist. Der Mann, der uns verheiratet hat sagte: „Ich bin eine Kolumbianerin mit einer deutschen Seele und Mo ein Deutscher mit einer kolumbianischen Seele.“

Euer größter Kulturunterschied?

Zwanghafte Pünktlichkeit.

Wie geht ihr mit dem Kulturunterschied um?

Mo: Juli hat sich daran angepasst. Im ersten Jahr, als Juli in Deutschland gelebt hat, sind wir mit Absicht in der Regel eine Stunde zu spät zu Familientreffen erschienen. Jetzt ist das ganze allerdings kein Thema mehr.

Es heißt, Liebe kennt keine Grenzen – wie viel Unterschiede verträgt eine Beziehung?

Es gibt keine Grenzen. Unsere Beziehung basiert auf Unterschieden. Wir haben genau 0% Ähnlichkeiten oder übereinstimmende Interessen.

Das größte Konfliktpotential ist unserer Meinung nach nicht von der Natur einer multikulturellen Beziehung abzuleiten, sondern davon, wie wichtig einem selbst die Werte sind, die man in seiner Erziehung erfährt. Ein/e Partner/in muss sich oft hinter der Sache zurücknehmen und die/den anderen Partner/in gewähren lassen.

Außerdem die Sprache. Keiner von uns beiden spricht seine Muttersprache in der Beziehung. Egal, wie gut oder schlecht wir eine Fremdsprache sprechen, man wird sie niemals so beherrschen wie seine Muttersprache. Das bringt großes Konfliktpotential mit sich.

Gibt es Faktoren, die für das Gelingen einer interkulturellen Beziehung maßgeblich sind?

Ja, Selbstlosigkeit und Verständnis sollten stark ausgeprägt sein. Besonders wenn der eine Partner um die halbe Welt zieht, gibt es kein „ich“ mehr. Es gibt nur noch ein „wir“.

Welchen Stellenwert hat der Faktor Sprache bei euch?

In unserem Fall war es sehr wichtig gegenseitig die Sprachen zu beherrschen, da weder in der kolumbianischen noch in der deutschen Familie alle Mitglieder Englisch sprechen.

Außerdem ist es für die Zukunft wichtig, dass Kinder mit beiden Familien kommunizieren können.

Stichwort Religion: Wie viel Probleme bringen unterschiedliche Religionen in einer interkulturellen Beziehung?

Mo: Ich bin zwar gläubig, aber praktiziere meinen Glauben nicht, was auch daran liegt, dass der evangelische Glauben in Deutschland sehr liberal ist.

Juli: Ich bin katholisch und habe gerade im ersten Jahr in Deutschland mehr praktiziert als Mo. Da Deutschland aber generell kein sehr religiöses Land ist und Gottesdienste nicht auf Englisch angeboten werden, als auch die Zeremonien deutlich anders sind, ist auch das weniger geworden.

In der Regel, sollte man einfach nicht zu dickköpfig sein und sich immer vor Augen führen, dass alle ohnehin zum gleichen Gott beten. Probleme wegen Religionen sind äußerst normal in interkulturellen Beziehungen. Man muss sich hier nur einig sein, wie man damit umgeht.

In diesen Tagen spricht man oft über Integration. Welche Form von Integration ist bei interkulturellen Paaren nötig?

Mo: Integration ist eine Sache, die in Deutschland aus kulturellen und bürokratischen Gründen überaus schwierig ist. Es ist sehr schwer in Deutschland Fuß zu fassen, was zum einem daran liegt, dass Deutschland in der Regel ausländische Studienabschlüsse und Arbeitserfahrungen nicht anerkennt. Viele Deutsche, die niemals im Ausland gelebt haben, haben einen sehr engen Horizont bezüglich allem Fremden. Vorurteile sind stark ausgeprägt, sodass man im Grunde genommen mit anderen AusländerInnen oder gleichgesinnten Deutschen eine kleine Parallelwelt schafft, in der man dann lebt.

Juli: In Kolumbien denken die Menschen ähnlich wie Deutsche, wenn sie nicht im Ausland gelebt haben, jedoch ist Integration und Immigration dort deutlich einfacher, da KolumbianerInnen eine sehr offene Art haben und Bürokratie in Kolumbien nicht existiert.

Was ratet ihr anderen, die am Beginn einer interkulturellen Beziehung stehen oder daran denken, eine einzugehen?

Lasst euch von niemanden etwas sagen. Ihr werdet viel Gegenwind bekommen und es wird versucht werden, euch von einem Weg, der ein wunderschöner Weg ist, abzubringen.

Seid euch außerdem bewusst, dass der Weg, den ihr beschreitet, in eurem Bekanntenkreis meist noch niemand beschritten hat. Ihr werdet auf euch alleine gestellt sein und ihr werdet wunderschöne Orte miteinander entdecken, die nur euch gehören und sonst kein/e andere/r nachvollziehen kann.

Mit welchen drei Hashtags lässt sich eure Beziehung zusammenfassen?

#lovecoaching #multiculturallove #lovewithoutborders

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