Lieber „talvez“ und „vamos ver“ als „não“

Brasilien 🇧🇷 / Österreich 🇦🇹; Einer der sicher größten Unterschiede und gleichzeitig schwierigsten Aspekte einer österreichisch-brasilianischen Beziehung ist die Art und Weise zu kommunizieren und seine Bedürfnisse zu vertreten.

Während es in Österreich üblich und normal ist, Dinge direkt anzusprechen, Kritik zu äußern, das Wort „nein“ oder Sätze wie „Ich habe (leider) keine Zeit“ zu sagen, und offen über die Bedürfnisse nach Privatsphäre zu sprechen, klingt das für brasilianische Ohren unhöflich, arrogant, schroff und egoistisch.

In Brasilien wird nämlich indirekt beziehungsweise non-verbal kommuniziert; sehr selten das Wort „Não“ („Nein“) benutzt; Wünsche oder Kritik unterschwellig geäußert. Gleichzeitig erwarten BrasilianerInnen, dass die/der GesprächspartnerIn die Message versteht. Man vertraut auf die Fähigkeit anderer, nachzuvollziehen, was das Gegenüber versucht mitzuteilen und interpretiert deren Haltung oder das Fehlen einer solchen.

Warum auch direkt kommunizieren, wenn man über Umwege ans Ziel kommt? Für ÖsterreicherInnen kann das schnell mal zur Geduldsprobe werden. Die meisten BrasilianerInnen tun sich nämlich wirklich schwer damit, jemandem eine Absage zu erteilen oder ohne Umschweife zu kommunizieren. Sie fühlen sich damit schnell vor den Kopf gestoßen. Lieber sagen sie „talvez“ („vielleicht“) oder ein „vamos ver“ („mal sehen“).

Warum? Um unangenehme Situationen oder Konflikte zu vermeiden. Auch wenn BrasilianerInnen eigentlich „nein“ sagen wollen, trauen sie sich nicht, denn es gehört zu ihrer Kultur „ja“ zu sagen und sich dabei zu denken „Ich finde schon einen Weg“.

Laut dem Harvard-Professor William Ury, einem weltweit anerkannten Verhandlungsexperten, hat das mit der sehr ausgeprägten Geselligkeit der BrasilianerInnen zu tun. Das strenge Leben, das wir ÖsterreicherInnen gewohnt sind, gibt es nicht. Hingegen dominiert eine entspannte Lebenseinstellung, das lockere Miteinander und die Freude am Feiern und der Geselligkeit.

Wie Ury, ist auch mein Lebensgefährte der Meinung, dass BrasilianerInnen in dieser Hinsicht etwas von uns EuropäerInnen lernen können. Auch wenn es unangenehm ist, ist es manchmal wichtig, „não“ zu sagen, um zu einer Lösung zu kommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Translate »